Nachhaltiges Beziehungsmanagement

Robert Kremnitzer • 21. Oktober 2021

Nachhaltiges Beziehungsmanagement


Unternehmensführung fokussiert im liberalen ökonomischen Umfeld oft auf den Selbstzweck des Unternehmens, statt die Versorgungsaufgabe in den Mittelpunkt zu stellen. Beziehungen zum Staat, zur Gesellschaft, zu den Mitarbeitern, ja sogar jene zum Kunden werden oft als Druck wahrgenommen, um die Beziehung zu den Kapitalgebern zu verbessern. Beziehungen nachhaltig zu gestalten ist das Gebot der Stunde.

Beziehungsmanagement auf der Basis des normativ-kritischen Ansatzes des St. Galler Management Konzeptes (Rüegg-Stürm/Grand 2015) wird nachhaltig, wenn sich die Beziehungen zu Stakeholdern durch betriebliche Tätigkeit nicht verschlechtern. Dabei sind innerhalb einer Beziehung alle unterschiedlichen Interaktionsthemen zu berücksichtigen. Anhand des Beispiels der Leistung/Lohn-Beziehung zwischen einem Unternehmen und der Anspruchsgruppe der Mitarbeiter soll hier das Vier-Seiten Beziehungsmodell dargestellt werden, das sich auf alle Anspruchsgruppen und Beziehungen erweitern lässt.

Derselbe Lohn wird vom Unternehmen, an der gewonnenen Produktivität gemessen, als tragbar erachtet, während er vom Mitarbeiter, an seinem Glückszustand gemessen, vielleicht als zu gering eingestuft wird. Wir können per se nicht sagen, wie viel Produktivität des Unternehmens ein zusätzlicher Glückszustand wert ist. Eine nachhaltige Beziehung entsteht erst durch eine Balance des Gebens und Nehmens auf beiden Seiten. Vier Seiten hat eine Beziehung daher, die in einer Darstellung zusammengefügt werden können.

Ein Unternehmen nimmt Leistung vom Mitarbeiter in Form von Knowhow/Zeit und misst die Qualität der Beziehung in der gewonnen Produktivität. Die so entstandene Produktivitätsfunktion (linker oberer Quadrant) zeigt zum Beispiel nach Cobb Douglas abnehmende Grenzwerte. Im Gegenzug gibt das Unternehmen Lohnzahlungen. Jeder zusätzliche Euro wird in vielen Fällen dabei weniger Produktivität bringen (rechter oberer Quadrant). Auf der anderen Seite bewertet der Mitarbeiter dieselbe Beziehung mit dem Niveau der eigenen Zufriedenheit. Jede zusätzliche Leistung, die er dem Unternehmen gibt kostet mehr und mehr Zufriedenheit (linker unterer Quadrant). Der dafür erhaltene zusätzliche Lohn bringt jedoch abnehmende Zufriedenheit (rechter unterer Quadrant). Da jeder Akteur versuchen wird mehr zu nehmen als zu geben, entstehen Ungleichgewichte (gestrichelte Linien).

Nachhaltige Beziehungen kennen jedoch keinen Verlierer bzw. Gewinner. Im Gleichgewichtszustand einer (K1, L1) sind die einzelnen Geben/ Nehmen Relationen in Balance. Im nachhaltigen Beziehungsmanagement werden daher alle Themen mit den Stakeholdern in einen  Gleichgewichtszustand gebracht. Das betrifft besonders auch die sozialen und ökologischen Themen, die sich von der Steuerzahlung an den Staat bis zur Gleichbehandlung der Mitarbeiter oder der Reduktion der Emissionen gegenüber der Gesellschaft quer durch alle Stakeholder ziehen.



Quelle: eigene Darstellung unterschiedlicher Themen in den  Geben/Nehmen Beziehungen mit Anspruchsgruppen nach St. Gallener Managementmodell der ersten Generation (Rüegg-Stürm & Grand, 2015, S. 42)


Mikroökonomisch bewertet der Markt eine Beziehung über den Preis als Tauschwert. Das legt jedoch zugrunde, dass es einerseits für jede Beziehung einen Markt gibt und andererseits sich beide Partner auch dieser Bewertung unterwerfen und die eigenen Wünsche immer in Geld ausdrücken wollen.

Beziehungsqualitäten sind jedoch komplexer und in vielen Fällen haben die Partner unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe für die Qualität des Austausches. Derselbe Lohn wird vom Unternehmen, an der gewonnenen Produktivität gemessen als tragbar erachtet, während er vom Mitarbeiter, an seinem Glückszustand gemessen vielleicht als zu gering eingestuft wird. Wir können nicht sagen, wie viel Produktivität des Unternehmens ein zusätzlicher Glückszustand wert ist.

Eine nachhaltige Beziehung entsteht jedoch erst durch eine Balance des Gebens und Nehmens auf beiden Seiten. Anhand des Beispiels der Leistung/Lohn-Beziehung zwischen einem Unternehmen und der Anspruchsgruppe der Mitarbeiter soll das Vier-Seiten Beziehungsmodell dargestellt werden, das sich auf alle Anspruchsgruppen und Beziehungen erweitern lässt.

Ein Unternehmen nimmt Leistung vom Mitarbeiter in Form von Know How/Zeit und misst die Qualität der Beziehung in der gewonnen Produktivität. Die so entstandene Produktivitätsfunktion (in Abbildung 1 linke Seite) zeigt zB. abnehmende Grenzwerte bei einer Cobb Douglas Relation. Im Gegenzug gibt das Unternehmen Lohnzahlungen. Jeder zusätzliche Euro wird in vielen Fällen dabei weniger Produktivität bringen (Abbildung 1 rechte Seite).

Auf der anderen Seite bewertet der Mitarbeiter dieselbe Beziehung mit dem Niveau der eigenen Zufriedenheit. Jede zusätzliche Leistung, die er dem Unternehmen gibt kostet mehr und mehr Zufriedenheit (Abbildung 2 rechte Seite). Der dafür erhaltene zusätzliche Lohn bringt jedoch abnehmende Zufriedenheit (Abbildung 2 links).

Da jeder Akteur versuchen wird mehr zu nehmen als zu geben, entstehen einzeln betrachtet schiefe Bilanzen (schwarze Linien). 


Zusammengefügt zeigen die vier Bewertungskurven in Abbildung 3 das Ungleichgewicht der subjektiven Bewertungen dieser Beziehung. Nachhaltige Beziehungen kennen jedoch keinen Verlierer bzw. Gewinner. Im Gleichgewichtszustand (K1,L1) einer nachhaltigen Beziehung haben beiden Akteuren waagrechte Bilanzstriche (Abbildung 4).


Im beziehungsorientierten Management steht nicht die Nutzenmaximierung des Einzelnen sondern die Maximierung der Beziehungsqualität zu allen Stakeholdern im Vordergrund.

Soziale und ökologische Nachhaltigkeit haben in St.Gallen Originalmodell keinen eigenen Stakeholder, tauchen aber in allen Beziehungen als Themen auf, von der Steuerzahlung an den Staat über die Gleichbehandlung der Mitarbeitern bis zur Kooperation mit dem Wettbewerb oder der Reduktion von CO2 Emissionen gegenüber der Gesellschaft. Eine soziale und ökologisch nachhaltige Unternehmensführung findet dauerhafte Gleichgewichtsbeziehungen zu allen Stakeholdern in diesen Themen.



Literaturverzeichnis

Görlitz, J. (2007). Die Bedeutung des Anspruchsgruppenkonzeptes im stretegischen Management. Zeitschrift für Planung und Unternehmenssteuerung(17), S. 411-431.

Grüninger. (2009). 5 Grundsätze für Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung. (H. Konstanz, Hrsg.) Abgerufen am 30. 12 2015 von http://www.aknu.org/: http://www.aknu.org/files/AKNU_Nachhaltigkeit_Papier_Gr%C3%BCninger_07072009.pdf

Kleef, V., & N.J. Roome. (2007). Developing Capabilities and competence for sustainable business management as innovation. Journal of Cleaner Production, S. 38-51.

Rüegg-Stürm, J., & Grand, S. (2015). Das St.Gallener Management Modell (2. Auflage Ausg.). Bern: Haupt.

Salzmann, O., Steger, U., & Aileen, I.-S. (2005). Quantifying economic effects of corporate sustainability initiatives. (IMD, Hrsg.) Abgerufen am 30. 12 2015 von https://www.imd.org/research/publications/upload/CSM_Salzmann_Steger_Ionescu_Somers_WP_2005_28_Level_1.pdfNeuer Text

von Robert Kremnitzer 20. März 2022
Das Verständnis über die eigenen CO2 Emissionen wird auch für KMU unternehmerischer Alltag werden und viele Prozesse im Unternehmen werden anders betrachtet, wenn einmal die Auswirkungen auf die Umwelt klar sind. Lernen Sie ihre CO2 Bilanz selbst zu erstellen.
von Robert Kremnitzer 31. Januar 2022
Simon Sinek hat die WARUM Frage in seinem genialen TED Talk aus 2013 und seinen Büchern danach ins Zentrum des Lebens gestellt. Nur wer das WARUM beantworten kann, der wird sich mit dem WIE und WAS leicht tun. Das trifft auf so viele Gelegenheiten im Leben zu. Da bleibt dann aber immer noch das WOFÜR. Welchen Zweck hat meine Arbeit eigentlich? Habt ihr Euch das nicht schon mal gefragt? Seit ihr nicht schon öfter aus dem Passagiersessel ins Cockpit Eures Lebens gekrochen und habt mal den Kurs geprüft? Ehrlich? Nun, viele kennen mittlerweile das Triple Bottom Konzept, bei dem Ökologie, Ökonomie und Soziales als drei gleichwertige Säulen nachhaltiger Wirtschaft dargestellt werden. Dieses Drei Säulen Modell ist wichtig um die Gleichwertigkeit der oft so unvereinbar scheinenden Ebenen darzustellen. Aber es ist ein Reparaturmodell. Wir arbeiten mal so vor uns hin und hinten nach (am bottom) versuchen wir unser Tun zu rechtfertigen.
von Robert Kremnitzer 9. Januar 2022
Unter der Norm 14068 wird derzeit vom Technischen Komitee rund um Christine Geraghty eine international gültige Definition zum Begriff "Klimaneutralität" entwickelt . An sich ein schwieriges Ansinnen, da klimaneutrales Handeln eigentlich alle direkten und auch indirekten Einflüsse meines Handelns berücksichtigen muss. Schmetterlingstheorie. Was die kleinsten unserer Bewegungen über mehrere Stufen verfolgt schließlich dem Klima antun ist schwer bis kaum vorherzusagen. So kann ein klimaneutrales Elektroauto schnell zum CO2 Sünder werden - nicht nur, wenn wir die Produktion bedenken, sondern auch die Effekte veränderter Mobilitätsgewohnheiten, Elektrotankstellen oder neuer Strombedürfnisse. Daher hoffe ich, das technische Komitee lässt die Kirche im Dorf und nimmt bei der Definition auch Rücksicht auf Machbarkeit und den allgemeinen Sprachgebrauch. Worte sind wichtig. Die richtigen Worte können Welten bewegen. Wieder waren Marketing und Presse bei der Klimaneutralität jedoch schneller das Wort über Monate und Jahre so ungenau, kontextlos und auch falsch zu verwenden, dass es schneller im allgemeinen Sprachgebrauch assoziiert wird, als es klar definiert werden konnte. Dasselbe Schicksal hat schon den Begriff "Nachhaltigkeit" getroffen . Jahre - jahrzehntelang gewalkt, gezogen, gedehnt, verdreht, verwässert und (teilweise bewusst) falsch interpretiert ist von der stolzen nachhaltigen Forstwirtschaft ein Alltagswort geblieben, das gerade im Trend ist und jede zweite Verpackung schmückt. Ja, schmückt, denn mehr als Dekoration ist in der Außenwirkung nicht geblieben, während sich ein paar verzweifelte Randgruppen und Gutmenschen an den begrifflichen Inhalt klammern. Kein Wunder, dass diese Diskussion voll von Missverständnissen ist. Es wird die Transition zu einer klimaneutralen Welt verzögern, wenn die grundlegenden Begriffe so oft falsch und missbräuchlich verwendet werden. Die Bilder hinter den Begriffen sind stärker als die Wirkungen der Worte. SO ist es nicht verwunderlich, dass sich das Marketing gerne bedient und für starke Aussagen Produkte schnell "klimaneutral" macht und Unternehmen gern "nachhaltig". Es wundert auch nicht, da Politik und Presse die starken Worte gerne für das Scheinwerferlicht verwenden. Inflationär. Über Gebühr. Zum Abwinken. Bis sie schließlich verbraucht sind, diese so wichtigen Eckpfeiler, an denen all das Wissen ruht, in dem die Wissenschaft über Jahrzehnte schon der Realität voraus ist. Schade. Solche Worte wachsen nicht auf Bäumen. Wie sollen wir es nennen, wenn wir unsere Zukunft ökologisch und sozial enkeltauglich machen wollen? Spät kommt da die ISO Norm, die offizielle Definition für einen Begriff, der gerade im politischen und wirtschaftlichen Strohfeuer verheizt wird, die Klimaneutralität.
von Robert Kremnitzer 20. Dezember 2021
Endlich ein BWL Buch, das die Bedeutung der Nachhaltigkeit richtig einschätzt , nicht als Wahlfach oder dritte Säule um den Kapitalismus zu retten, sondern als Fundament zukunftsfähiger Unternehmensführung. Ein tolles Buch hat Robert Gabriel mit vielen Co-Autoren hier herausgegeben (utb Verlag, 2. Auflage 2021). Aber keine Angst vor dem Mythos, dass unternehmerisches Handeln mit Rücksicht auf Umwelt und Menschen keine Gewinnmaximierung mehr zulässt. Es ist, wie immer im Leben, nicht schwarz oder weiß. Tausende Beispiele weltweit zeigen schon, dass beides gemeinsam möglich ist, wenn auch, zugegeben, nicht immer. Im Buch zeigen Gabriel und seine vielen Co Autoren auch grafisch den Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Erfolg und nachhaltiger Unternehmensführung.
von Robert Kremnitzer 6. Dezember 2021
Zu Beginn nannten wir es Umweltschutz. Ein Mantelbegriff für alles, was uns in der Natur umgibt und von dem doch Manche seit dem Club of Rome wissen, dass es doch nicht unendlich verfügbar ist - auch, wenn sogar heute noch im Ökonomie Unterricht Luft, Wasser und manchmal sogar Erde als Beispiele für freie Güter herhalten müssen: im Überfluss verfügbar und daher kostenlos. Blödsinn.
von Robert Kremnitzer 29. November 2021
Wandel braucht Lösungen - Kreislaufwirtschaft am Beispiel Beton Niederlande ist Weltmeister im Recycling von Bauschutt. Da es wenig Ressourcen gibt, wurde schon vor Jahren eine Vereinbarung der Regierung mit den 50 größten Bauunternehmen zu einem intensiven Recycling geschlossen. Derzeit werden in den Niederlanden 95% (!) der Baurestmassen wiederverwertet, wenn auch zum größten Teil in einem Downcycling-Prozess zu einem Stoff mit geringerer Qualität als der ursprüngliche.
von Robert Kremnitzer 23. Oktober 2021
Die Ära des Kapitalismus, noch dazu des neoliberalen neigt sich dem Ende zu. Mehr Gewinn führt automatisch zu mehr Wohlstand und zerstört in vielen Fällen dazu noch unsere Lebensgrundlage Erde. Aber was kommt danach und wann ist es Zeit für die Transition? Die individuelle Schwelle des Wohlstandseinkommens ist aus vielen Studien bekannt und liegt bei ca. 70 - 90 Tausend USD. Warum können wir das nicht auf Nationen, Regionen, Kontinente hochrechnen? Wir können. In dem Artikel steht, was rauskommt - die Schwelle des Glücks.
von Robert Kremnitzer 6. Oktober 2021
Die unternehmerische Motivation verändert sich im Laufe der Existenz des Unternehmens. Angelehnt an die Maslowsche Pyramide entwickle ich eine Motivationspyramide für Unternehmer und Unternehmen. An der Spitze steht nicht die Selbstverwirklichung (die steht bei Unternehmen eigentlich am Anfang) sondern das Gemeinwohl.
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