Die Schwelle zum Glück

Robert Kremnitzer • 23. Oktober 2021

Die Schwelle zum Glück


60.000 -75.000 USD pro Jahr und Haushalt, soviel brauchen wir um glücklich zu sein, mit 95.000 tritt statistisch gesehen ein Gefühl der subjektiven Sättigung ein. In einer Metastudie von Andrew T.Jebb aus 2018 wurden Daten von 1,7 Mio Menschen aus 164 Ländern zusammengeführt (Andrew T. Jebb, 2018, S. 33). Die Zahl variiert natürlich deutlich je nach Region und Wohlstand des Landes, doch klar ist, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Einkommen und dem subjektiv empfundenen Glück gibt, auch wenn Geld alleine natürlich nicht glücklich macht.

Wenn in einer optimalen Ökonomie das gesamte erwirtschaftete Einkommen eines Staates gleichmäßig auf alle erwachsenen Personen verteilt wäre, dann könnte man umgekehrt auch eine BIP Glücksschwelle einer Ökonomie definieren, ab der der subjektive Wohlstand der Bevölkerung in Form von Zufriedenheit und Glücksempfinden eintreten würde.

Diese Schwelle zum Glück könnte den Übergang vom Kapitalismus in eine neue Form der wirtschaftlichen Organisation einleiten, deren Ziel der Erhalt des erreichten Wohlstand auf Basis des Erhalts der ökologischen und sozialen Ressourcen sein sollte und nicht dessen bedingungsloser Ausbau auf Kosten der Ressourcen.

Zur einfachen Berechnung des Schwellenwertes verteilen wir das BIP gleichmäßig auf jenen Teil der Bevölkerung, der sich nach internationalen Maßstäben selbst erhält (> 14 Jahre). Dabei wird für diese Darstellung aus der Studie von Jebb et al. der Wert von 70.000 USD Jahreseinkommen als individuelle Glücksschwelle herangezogen.

Darstellung der Glücksschwelle in einigen exemplarischen Ländern. Quellen ((The World Factbook, 2018); (International Monetary Fund, 2018))


Wir sehen in diesem Auszug einiger Länder, dass sich die Welt grob in 2 Gruppen von Ländern unterteilen lässt:  Jene, die die Glücksschwelle schon erreicht haben oder knapp davor stehen, wie Schweiz, Norwegen oder USA, aber auch Deutschland, Österreich oder Kanada. Für diese Länder ist nicht mehr die Vermehrung, sondern die Verteilung des Kuchens das zentrale ökonomische Gebot der Stunde um gleichmäßigen subjektiven Wohlstand zu erreichen. In diesen Ländern sollten wir so schnell als möglich zu einer neuen, ökologisch und sozial nachhaltigen und postkapitalistischen Form der ökonomischen Organisation finden in der das Wohlbefinden der Menschen die Kapitalvermehrung als oberstes Ziel ablöst.

Die anderen Länder sind noch mehr oder weniger weit von der Glücksschwelle entfernt. Ihnen das Recht auf individuellen Wohlstand zu nehmen, wäre global gesehen wohl nicht fair. Neben einer global notwendigen Umverteilung hat in diesen Ländern der Kapitalismus noch seine Berechtigung um das BIP zu erhöhen, wenn auch in einer ökologisch und sozial stark veränderten Form. Die Verteilung des Kuchens ist jedoch in diesen Ländern sogar noch dringender, da sich durch die Beschleunigung der kapitalistischen Wirtschaft hier schon in einer sehr frühen Entwicklungsfase eine krasse Ungleichheit in der Einkommensverteilung entwickelt hat.  

Für die globalen Probleme unserer Zeit braucht es globale Regeln. Mit dem Kennwert einer BIP Glücksschwelle könnten einzelne Ökonomien über globale UN Verträge zur Einleitung neuer Regeln gebunden werden, die eine ökologisch und sozial orientierte Weiterentwicklung in Gang setzen würden.


Literaturverzeichnis

Andrew T. Jebb, L. T. (Jan 2018). Happiness, income satiation and turning points around the world. nature, S. 33-38.

International Monetary Fund. (2018). Abgerufen am 30. 12 2019 von www.imf.org

The World Factbook. (2018). Abgerufen am 30. 12 2019 von https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/fields/335rank.html


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